Ukraine: Beschlagnahme des Gewerkschaftshauses in Kiew

Die Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte in der Ukraine stehen seit Langem unter Druck. Mehrere ukrainische Regierungen versuchten und versuchen weiterhin, die Arbeitsgesetzgebung zu flexibilisieren und zu deregulieren. Es gab immer wieder Versuche, das gewerkschaftliche Immobilienvermögen, das für die Finanzierung der Gewerkschaften eine wichtige Rolle spielt, zu verstaatlichen und an Privatunternehmen zu übertragen. Auch die Beschlagnahme des Kiewer Gewerkschaftshauses durch den Staat steht in diesem Zusammenhang. Der Internationale Gewerkschaftsbund sieht den Grund in den „eskalierenden Angriffen auf die Gewerkschaftsbewegung des Landes.“ Luc Triangle, Generalsekretär des IGB, erklärte: „Wir fordern die ukrainischen Behörden auf, die Gewerkschaftsrechte zu achten (…) und damit aufzuhören, genau die Institutionen zu untergraben, die für die Widerstandsfähigkeit und die demokratische Zukunft des Landes von entscheidender Bedeutung sind“.  Die Europäische Dienstleistungsgewerkschaft (EPSU) fordert von der Regierung der Ukraine:

Panama – Gewerkschafter im Gefängnis wegen Widerstand gegen Renten“reform“ 

Die Gewerkschaften Panamas befinden sich in einem harten Kampf gegen eine Sozial“reform“ der Regierung, die unter anderem eine Erhöhung des Renteneintrittsalters vorsieht.  Die Bau- und Holzarbeiter-Internationale (BHI), deren Mitglied auch die IG Metall ist, „verurteilt aufs Schärfste die eskalierende Unterdrückung unserer Mitgliedsorganisation SUNTRACS (der Gewerkschaft der Arbeitnehmer im Baugewerbe und verwandten Branchen) durch die panamaische Regierung.“  Weiter heißt es in der Erklärung der BHI: „Dies ist nicht nur ein Angriff auf eine Gewerkschaft, sondern eine schwerwiegende Verletzung der Vereinigungsfreiheit, des Rechts auf Tarifverhandlungen und der Rechtsstaatlichkeit. Seit November 2023 ist SUNTRACS mit Verhaftungen, Einschüchterungen und finanziellen Blockaden konfrontiert, weil sie Proteste gegen das Bergbaugesetz und geplante Reformen der Sozialversicherung angeführt hat. Die Repressionen haben sich in den letzten Wochen verschärft: Gewerkschaftsbüros wurden durchsucht, Bankkonten eingefroren, der Rechtsstatus wurde aufgehoben, und gegen die gesamte Gewerkschaftsführung, darunter der stellvertretende BHI-Präsident Saúl Méndez und die SUNTRACS-Sekretäre Jaime Caballero und Genaro Lopez, wurden Haftbefehle oder Haftstrafen aufgrund falscher Anschuldigungen verhängt. Diese Angriffe finden vor dem Hintergrund eines am 28. April begonnenen nationalen Streiks statt. Über 120 SUNTRACS-Mitglieder, sowohl einfache Mitglieder als auch Führungskräfte, werden wegen der Ausübung ihres Rechts auf Protest strafrechtlich verfolgt.“ (…) Auch die Bananenarbeiter unterliegen einer verschärften Repression. Die International Union of Foodworkers berichtete Anfang Juni über die Entlassung von 5.000 Arbeitern bei Chiquita. Die Bananenarbeitergewerkschaft von Panama meldete am 22. Juni die Verhaftung ihres Vorsitzenden Arcelio Abrego Choly. In der Mitteilung heißt es: „Zum Zeitpunkt seiner Festnahme war der Kollege bei guter Gesundheit und leistete keinen Widerstand. Wir warnen vor möglichen Verletzungen, die er nach seiner Festnahme erleiden könnte.“Verhaftete Bananenarbeiter. Quelle: Labourstart / IUF

Iran: Eine doppelt gefährliche Situation für die politischen Gefangenen

Während der Eskalation des Krieges im Nahen Osten im Juni hat die israelische Luftwaffe auch das Evin-Gefängnis in Teheran angegriffen. In dieser Folterzentrale des iranischen Geheimdienstes befinden sich viele politische Gefangene unter unmenschlichen Bedingungen in Haft, unter ihnen auch Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter. Mariam Claren, Tochter der Kämpferin für die Menschenrechte Nahid Taghavi, die mehr als vier Jahre im Evin-Gefängnis verbringen musste, sagte am 24. Juni im Interview mit der Neuen Ruhr Zeitung:  „Die Bombardierung (des Gefängnisses) ist eine Katastrophe. Israel hat die Gefangenen in höchste Gefahr gebracht. Es gibt Verletzte im Trakt 8 der Männer. Der Sicherheitsapparat hat aufgestockt. Natürlich ist kein Gefangener befreit worden. Im Gegenteil – sie sind jetzt in höchster Gefahr. Frage: Was wissen Sie über die Repression außerhalb des Evin-Gefängnisses? Mehr als 100 Leute wurden festgenommen, um politischen Widerstand jetzt während der Eskalation zu unterbinden. Ihnen wird Spionage vorgeworfen; das seien alles israelische Agenten, heißt es. Über all diese Personen werden die Verfahren jetzt über das Kriegsrecht abgewickelt. Am letzten Montag wurde bereits ein junger Mann hingerichtet. Frage: Was bedeutet das für die Menschen? Die Situation ist doppelt gefährlich. Auf der einen Seite sind die Bomben, auf der anderen Seite ist es Dein eigenes Regime, das Dein Leben bedroht.“

Esmail Abdi / Iran: „Wir brauchen Solidarität“

Esmail Abdi war Generalsekretär der iranischen Lehrergewerkschaft der Provinz Teheran und lange Jahre im Iran inhaftiert. Gewerkschaftsfreiheit International und Amnesty International setzten sich für ihn ein. Seit Anfang März ist er in Freiheit und lebt im deutschen Exil. Auf einem Webinar von Education International, dem internationalen Zusammenschluss der Bildungsgewerkschaften, berichtete er über seine Erfahrungen und betonte die Notwendigkeit globaler Solidarität: „Die Welt erhebt ihre Stimme für Freiheit und Demokratie, aber sie braucht ebenso Frieden und Gerechtigkeit. Heute sind wir mehr denn je mit wachsender Unsicherheit konfrontiert, insbesondere im Nahen Osten, in Afrika und Südamerika. Wir brauchen Solidarität, um Kräften entgegenzutreten, die das Wohlergehen junger Menschen – insbesondere von Mädchen – durch ethnische oder staatliche Gewalt systematisch bedrohen, wie beispielsweise die Taliban oder das klerikale Regime im Iran.“ Esmail Abdi mit der GEW-Vorsitzenden Maike Finnern (Foto: GEW) Weiter heißt es auf der Homepage von Education International: „Als Vertreter des Koordinierungsrats der iranischen Lehrergewerkschaften (CCITTA) verbrachte Abdi fast neun Jahre im Gefängnis, weil er sich für eine hochwertige Bildung für alle sowie für angemessene Arbeits- und Lebensbedingungen für Pädagogen im Iran einsetzte. Abdi berichtete über die anhaltenden Kämpfe, mit denen iranische Pädagogen konfrontiert sind. Er betonte, dass 100 Prozent der iranischen Lehrer unterhalb der Armutsgrenze leben, und sagte, dass das Bildungssystem, ‚anstatt kritisches Denken und Kreativität zu fördern, zu einem Instrument zur Verbreitung bestimmter Ideologien geworden ist‘. (…) Abdi betonte abschließend: ‚Wir Lehrer besitzen den größten Schatz der Welt. Schulen sind Orte, an denen junge Menschen mit der Gesellschaft in Kontakt kommen. Demokratie und Bewusstsein beginnen mit Bildung, und Bildung ist die stärkste Waffe für Veränderungen. Totalitäre Regime fürchten informierte Bürger – deshalb unterdrücken sie uns.‘“ Hier geht es zum vollständigen Bericht mit den Statements anderer Kolleg:innen (auf englisch): https://www.ei-ie.org/en/item/29974:iran-we-believe-that-no-government-can-silence-the-voice-of-teachers

„Die Arbeiter müssen ihre Macht aus der Produktion nutzen“

Interview mit der türkischen Gewerkschafterin Zeynep Ekin Nach der Verhaftung des türkischen Oppositionsführers Ekrem Imamoglu kam es in der Türkei zu Massen-Protesten gegen den Präsidenten Erdogan. Das Regime schlug zurück und verhaftete mehr als 2.000 Demonstranten. Auch türkische Gewerkschafter:innen befinden sich im Visier staatlicher Repression. Im März wurde der gesamte Vorstand der Lehrergewerkschaft unter Hausarrest gestellt, nachdem er sich mit den gegen die Inhaftierung Imamoglus kämpfenden Studenten solidarisiert hatte. Am 1. Mai wurden in Istanbul mehr als 400 Kolleginnen und Kollegen verhaftet. Im Interview gibt Zeynep Ekin eine Einschätzung der Entwicklung in der Türkei. Sie ist türkische Gewerkschafterin und Projekt-Koordinatorin bei IndustriAll Global Union. Frage: Was ist Deine Einschätzung der aktuellen Bewegung gegen das Erdogan-Regime nach der Inhaftierung von Imamoglu. Unter welchen Umständen hat sie Aussicht auf Erfolg? Z. E.: Zunächst einmal ist diese gesellschaftliche Opposition keine Bewegung, die über Nacht entstanden ist, und es geht auch nicht nur um die Verhaftung von İmamoğlu. Ein tiefes und langanhaltendes Gefühl der Wut und Verzweiflung – vor allem unter der Jugend – hat sich schon seit geraumer Zeit aufgebaut. Die meisten Studenten sind sich bewusst, dass sie nach ihrem Abschluss wahrscheinlich arbeitslos werden oder zu schlecht bezahlten Jobs verdammt sind. Die Frustration der heutigen Jugend rührt nicht nur von der Angst vor der Zukunft her; wie bei der Arbeiterklasse ist sie in der harten Realität ihres derzeitigen Alltags verwurzelt. (…) Die AKP ist seit langem dabei, ein neues Regime zu errichten. Die Ernennung staatlich eingesetzter Verwalter anstelle gewählter Beamter, die Vergewaltigung des Volkswillens und die Aufhebung der Immunität kurdischer Abgeordneter – all dies sind keine neuen Entwicklungen in der Türkei. Derartige Übergriffe richteten sich zuvor jahrelang gegen die kurdische Bewegung, und seit langem wird davor gewarnt, dass sich diese Repression schließlich auf die gesamte Opposition ausweiten würde. (…) Die Antwort auf die Frage, welche Bedingungen einen Erfolg ermöglichen, hängt davon ab, wie wir Erfolg definieren. Aber eines ist klar: Es ist wichtig, über eine Politik hinauszugehen, die sich ausschließlich auf Wahlen konzentriert. (…) Ja, Wahlen in der Türkei sind von entscheidender Bedeutung, aber wir sind in eine Phase eingetreten, in der selbst die Durchführung von Wahlen nicht mehr möglich ist. Was wir erleben, ist Neofaschismus. Das Regime hat die Haltung eingenommen: „Entweder du bist auf meiner Seite oder du bist ein Verräter“. Es versucht zu überleben, indem es ständig Bedrohungen für seine Existenz fabriziert – und das tut es, indem es die Kontrolle über die Justiz ausübt. Inmitten all dieser Gesetzlosigkeit fährt sie fort, öffentliches Land und Vermögen an ihre eigene Kapitalistenklasse zu verschenken.   Frage: Welche Rolle spielen die türkischen Gewerkschaften in dieser Bewegung? Z. E.: In der Türkei ist eine einheitliche oder übergreifende Einschätzung der Arbeiterbewegung wegen der stark zersplitterten Struktur der Gewerkschaften – sowohl politisch als auch organisatorisch – unmöglich. 1 Klar ist: Solange die Arbeiterklasse das tägliche Leben nicht zum Stillstand bringt, bleiben die Machthaber unerschüttert. (…) Im ganzen Land mehren sich die Rufe nach Generalstreiks und breitem Widerstand. Bloße Konsumboykotte reichen nicht aus, die Arbeiter müssen auch ihre Macht aus der Produktion nutzen. Arbeitsverweigerung durch militantere Gewerkschaften in Verbindung mit der Unterstützung durch die Gewerkschaften des öffentlichen Sektors könnte die Wirkung des Widerstands erheblich verstärken. Natürlich kann ein Generalstreik angesichts des derzeitigen gewerkschaftlichen Organisationsgrades in der Türkei das tägliche Leben nicht vollständig zum Stillstand bringen. Eine solche Mobilisierung wäre jedoch trotz der tiefen Spaltungen innerhalb der Gewerkschaftsbewegung selbst ein starkes politisches Zeichen. Frage: Welchen Risiken sind Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter in der Türkei heute ausgesetzt?  Z. E.: In der Türkei sind Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, die sich nicht auf die Seite des Staates, des Regimes oder des Kapitals stellen, der ständigen Gefahr ausgesetzt, verhaftet zu werden. Weder der Staat noch das Kapital dulden eine kämpferische Arbeiterklasse. (…) Besonders akut ist diese Gefahr für unabhängige Gewerkschaften und Pioniergewerkschaften, die nicht den großen Gewerkschaftsbünden angehören. Arbeitnehmer, die protestieren, die willkürlich ohne Entschädigung entlassen wurden oder die ihre Rechte vor den Werkstoren einfordern, werden häufig mit Polizeigewalt oder sogar mit direkten körperlichen Angriffen seitens der Arbeitgeber konfrontiert. Darüber hinaus geht es bei der Gewerkschaftsarbeit nicht nur um die Verteidigung von Arbeits- oder Arbeitnehmerrechten, sondern grundsätzlich auch um den Schutz aller Menschenrechte. (…) Der Begriff „Terrorismus“ ist zu einer allumfassenden Rechtfertigung für Repressionen, Verbote und Verhaftungen geworden. Praktisch alle Formen des Widerspruchs werden unter dem Vorwurf des Terrorismus kriminalisiert. (…) Das Justizwesen wurde strukturell umgestaltet, wobei Staatsanwälte und Gerichte mit besonderen Vollmachten eine zentrale Rolle spielen. Einzelpersonen werden aufgrund subjektiver Anschuldigungen von Sicherheitskräften und diesen Staatsanwälten verhaftet und warten oft Jahre, bis sich die Anklagen als unbegründet erweisen. Frage: Wie können wir als deutsche Gewerkschafter den Kampf der türkischen Gewerkschaften unterstützen. Z. E.: Deutsche Gewerkschaften können die stärkste und sinnvollste Solidarität zeigen, indem sie eine regelmäßige und enge Kommunikation mit ihren Kollegen in der Türkei aufrechterhalten, ihre Aufrufe zur Unterstützung aufgreifen und Möglichkeiten für ein Zusammenarbeit mit Personen und Institutionen in Europa schaffen, die die politische Entscheidungsfindung in Bezug auf die Türkei beeinflussen können. Außerdem können sie den Druck auf die Kapitalgruppen in ihren eigenen Ländern erhöhen. Im Falle von inhaftierten Gewerkschaftern kann die Solidarität verstärkt werden, indem sichergestellt wird, dass ihre Stimmen durch internationale Medienberichterstattung gehört werden. So wird ihre Sichtbarkeit erhöht. Auch die aktive Teilnahme an Initiativen wie Unterschriftenkampagnen ist wichtig. Diese Aktionen können einen entscheidenden Unterschied ausmachen. (Fragen: Ulrich Breitbach) 1 In der Türkei gibt keine Einheitsgewerkschaften, sondern drei große, miteinander konkurrierende Gewerkschaftsbünde mit politischer Ausrichtung. Dazu kommen noch Gewerkschaften der verschiedenen Zweige des öffentlichen Dienstes. Auf der rechten Seite des politischen Spektrums HAK-IS mit Nähe zu Erdogans AKP, auf der linken DISK in Opposition zu Erdogan und mit Verbindung zur CHP. Eine mittlere Position wird von Türk-Is eingenommen. Alle drei Dachorganisationen sind Mitglieder des Internationalen Gewerkschaftsbundes. (Anmerkung UB)

Palina ist frei!

Wie Salidarnast (die Vertretung der unabhängigen Gewerkschaften von Belarus im Exil) gemeldet hat, ist Palina Sharenda-Panasiuk seit dem 1. Februar in Freiheit. Ein paar Tage später konnte sie zu ihrer Familie nach Litauen ausreisen. Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt setzten sich immer wieder für die Gewerkschafterin ein, die verfolgt wurde, weil sie 2020 Proteste gegen die Fälschungen der Präsidentschaftswahlen durch den belarussischen Machthaber Lukaschenko organisierte. Viele Metallerinnen und Metaller haben sich ebenfalls für ihre Freiheit engagiert, zum Beispiel mit einer Postkartenaktion am 1. Mai 2024. In der Haft war Palina schrecklichen Bedingungen ausgesetzt und erkrankte schwer. Wir freuen uns mit ihr, ihrem Mann Andrei und den beiden Kindern und fühlen uns ermutigt, weiter für die Freiheit der vielen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter zu kämpfen, die in Belarus und anderen Ländern dieser Erde im Gefängnis sitzen. Artikel auf dem IGM-Aktivenportal

Videobotschaft von Chhim Sithar

Übersetzung des Videos Chhim Sithar: „Wir haben uns entschieden, nicht aufzugeben.“ Mein Name ist Sithar Chhim, die Vorsitzende der Gewerkschaft Labour Rights Supported Union of Khmer Employees (LRSU) bei Naga World. Ich denke, Ihr kennt mich, weil Ihr in den Aktivitäten der IG Metall für meine Befreiung engagiert wart. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, den Kolleginnen und Kollegen der IG Metall meinen besonderen Dank auszudrücken, die zusammen mit anderen Gewerkschaftern überall in der Welt aktiv für meine Freiheit eingetreten sind. Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich mich nicht bei Euch persönlich bedanken konnte, als ich in Berlin war. Falls es irgendwann eine Möglichkeit geben sollte, das nachzuholen, werde ich das sofort tun. Ich möchte Euch außerdem Neues über unseren Kampf berichten. Es sind jetzt drei Jahre her, dass die Gewerkschaftsmitglieder von Nagaworld für die Wiedereinstellung der führenden Gewerkschafter und für die Verteidigung unserer Rechte und unserer Arbeit zu streiken begonnen haben. Bis jetzt konnten wir vom Unternehmen keine Lösungen erreichen. Stattdessen werden wir krimininalisiert und verurteilt. Wie Ihr wisst, wurde ich für zwei Jahre ins Gefängnis gesteckt. Andere müssen sich monatlich bei der Polizei melden und dürfen nicht verreisen. Weitere Gewerkschaftsmitglieder wurden vom Unternehmen gemaßregelt. Aber auch wenn wir starkem Druck von der Regierung und vom Unternehmen ausgesetzt sind, haben wir uns entschieden, nicht aufzugeben, für unsere Rechte am Arbeitsplatz zu kämpfen. Wir werden weiter streiken, bis wir unser Recht auf Gewerkschaftsarbeit am Arbeitsplatz zurückerobert haben. In unserem Kampf brauchen wir die Unterstützung der Arbeiter überall auf der Welt, weil wir starken Angriffen seitens der Regierung und des Unternehmens ausgesetzt sind. Unsere Mitglieder werden gezwungen, unsere Gewerkschaft zu verlassen. Die Situation ist sehr herausfordernd. Wir haben eine Reihe von Schwierigkeiten, unsere Arbeit fortzusetzen. Wir bitten deshalb um die Unterstützung der Gewerkschaftsbewegung überall auf der Welt. Bitte setzt Eure Unterstützung für uns fort, wie immer es Euch möglich ist. Wir unsererseits sind entschlossen, nicht aufzugeben, sondern den Kampf trotz des starken Drucks fortzusetzen. So lange, bis wir gewonnen haben und die Lösungen erreicht haben, die wir wollen. Vielen Dank.

Interview mit Chhim Sithar / Kambodscha

Vorsitzende der Gewerkschaft LRSU der Beschäftigten des Freizeit- und Kasino-Komplexes Naga World in Phnom Penh (LRSU = Labour Rights Supported Union of Khmer Employees) „Wir müssen uns mehr denn je zusammentun, um unsere Rechte auf lokaler und internationaler Ebene zu verteidigen“ Was ist der Hintergrund des Naga-World-Streiks, welche Rolle hattest Du dabei? Wie ist die Situation bei Naga World heute? Im Jahr 2021 nutzte Naga World die COVID-19-Krise als Vorwand, um mehr als 1.300 Beschäftigte zu entlassen, nur weil das Unternehmen weniger Gewinn machte als vor der COVID-19-Krise. Laut der Finanzberichte für die Börse in Hongkong hat Naga World im Jahr 2021 einen Nettogewinn von mehr als 100 Millionen Dollar erzielt. Wir haben auch herausgefunden, dass die Entlassungen vor allem gegen die Gewerkschaft gerichtet waren, und zwar auf sehr unmenschliche Weise. Etwa 1.100 Gewerkschaftsmitglieder und gewählte Gewerkschaftsführer standen auf der Entlassungsliste. Schwangere Frauen, Geschwister und Ehepartner wurden zur selben Zeit entlassen, als Kambodscha in einer Krise steckte und die Menschen Arbeit brauchten. Wir haben auch herausgefunden, dass die Abfindungen, die den entlassenen Arbeitnehmern gezahlt wurden, nicht korrekt waren. Gemessen an den kambodschanischen Arbeitsgesetze waren sie um bis zu 40 % zu niedrig. All dies sind Gründe, warum die Gewerkschaft diesen Entlassungsplan strikt ablehnte und warum die Arbeiter beschlossen, im Dezember 2021 in den Streik zu treten, was nun schon 3 Jahre her ist. Als Gewerkschaftsführerin war ich aktiv daran beteiligt, die Arbeitnehmer bei den Verhandlungen zu vertreten, den Fall dem Arbeitsministerium vorzulegen und den Streik vor dem Unternehmen zu führen. Während der jetzt drei Jahre ohne Gewerkschaft am Arbeitsplatz haben unsere Mitglieder zahlreiche Unterdrückungsmaßnahmen durch das Unternehmen erlebt. Sie wurden gezwungen, neue Verträge zu unterzeichnen, die sie daran hindern, ihr Recht auf gewerkschaftliche Organisierung wahrzunehmen. Es wurde ihnen nicht erlaubt, mit der Gewerkschaft in Verbindung zu treten, einschließlich der Teilnahme an Gewerkschaftssitzungen und der Weitergabe von Informationen über Gewerkschaftsaktivitäten in den sozialen Medien. Sie wurden gezwungen, aus der Gewerkschaft auszutreten, damit unsere Ressourcen für die Interessenvertretung vermindert werden. Während sich Naga World weigert, die Gewerkschaftsführer und -mitglieder von LRSU wieder einzustellen, rekrutiert das Unternehmen jeden Tag neue Beschäftigte (mit Hilfe von Kurzzeitverträgen) und gründet innerhalb des Unternehmens eine eigene gelbe Gewerkschaft. (In Kambodscha „Instant-Nudel-Gewerkschaft“ genannt, die Unternehmer, die Beschäftigten, die gegen die Gewerkschaft sind, und das Arbeitsministerium umfasst). Ihre Aufgabe ist es, die ArbeiterInnen einzuschüchtern, nicht der LRSU beizutreten und die LRSU zu verlassen, wenn sie unsere Mitglieder sind. Sie schicken jede Drohbotschaft des Arbeitgebers an die ArbeiterInnen und melden dem Unternehmen alle ArbeiterInnen, die mit der LRSU Kontakt aufnehmen oder über Arbeitsfragen diskutieren. Was waren die Gründe für deine Inhaftierung und deine Erfahrungen im Gefängnis? Nachdem die Gewerkschaft 2019 einen Streik für existenzsichernde Löhne gewonnen hatte, traten viele Beschäftigte der Gewerkschaft bei, und wir erreichten damals fast 5.000 Mitglieder. Diese Zahl wurde für das Unternehmen und vor allem für die Regierung zu einem Problem, weil wir die größte lokale Gewerkschaft und sowohl finanziell als auch in der Entscheidungsfindung unabhängig sind. Wir haben uns auch sehr aktiv für eine Änderung der Gesetze eingesetzt, die die Rechte der Arbeitnehmer untergraben. Wir beschlossen, uns gegen das Unternehmen zu wehren, das die unabhängige und starke Gewerkschaft loswerden wollte, um andere ArbeiterInnen daran zu hindern, der Gewerkschaft beizutreten und ihre Rechte am Arbeitsplatz zu verteidigen. Deshalb haben sie mich verhaftet und nach dem Strafrecht eingesperrt, obwohl das Strafrecht nichts mit dem Recht auf einen legalen Streik zu tun hat, den ich geführt habe. Ich wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt und mit Kriminellen in dieselbe Zelle gesteckt. In der Zelle sind etwa 60 Personen untergebracht und es gibt nur einen Waschraum. Ich musste meine eigenen Lebensmittel kaufen, die zwei- bis dreimal so teuer sind wie die Marktpreise, denn das Gefängnisessen war schrecklich. Es gab keine (Corona-)Tests, keine Hygiene und überhaupt keine Proteine. Meine Familie durfte mich zweimal pro Woche besuchen, aber ich durfte nur über das Alltagsleben meiner Familie sprechen. Über Gewerkschaftsfragen und Streiks durfte ich überhaupt nicht sprechen. Am Tag meiner Entlassung, dem 16. September 2024, war ich gezwungen, das Gefängnis um 4 Uhr morgens zu verlassen, weil viele unserer Mitglieder, Gewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen eine Kundgebung vor dem Gefängnis geplant hatten. Wie ist die Situation der Gewerkschaften in Kambodscha und wie können wir ihren Kampf unterstützen? Nach dem Generalstreik der Beschäftigten in der Bekleidungsindustrie im Jahr 2014 hat die kambodschanische Regierung zahlreiche Gesetze erlassen, um die Gewerkschaften, die Zivilgesellschaft und unabhängige Medien zu untergraben. Die Gewerkschaftsgesetze und das 2016 verabschiedete Mindestlohngesetz waren sehr effektive Instrumente zur Schwächung der Gewerkschaften, angefangen bei der Registrierung. Für unabhängige Gewerkschaften, die sich wirklich für die Arbeitnehmer einsetzen, ist es fast unmöglich, die Registrierung zu erhalten. Wir, die LRSU, haben zwei Jahre gebraucht, um unsere Gewerkschaft registrieren zu lassen. Nach der Registrierung der Gewerkschaft gibt es keinen Schutz vor Diskriminierung durch den Arbeitgeber, wie z.B. die Entlassung von gewählten Gewerkschaftsführern. LRSU ist eines von vielen Beispielen für Verstöße. Seit drei Jahren hat das Unternehmen nie eine Genehmigung des Arbeitsministeriums für die Entlassung gewählter Gewerkschaftsführer eingeholt, wie es das Arbeitsrecht vorschreibt, und auch die Regierung hat keine Maßnahmen gegen das Unternehmen ergriffen. Das Recht auf Tarifverhandlungen wird ebenfalls durch die Gewerkschaftsgesetze untergraben, die vorschreiben, dass die Gewerkschaft zuerst den Status des repräsentativsten Vertreters erreichen muss, was bedeutet, dass mindestens 50 %+1 der Arbeitnehmer der Gewerkschaft beitreten müssen, bevor die Gewerkschaft über die Löhne der Arbeitnehmer im Betrieb verhandeln kann. In Bezug auf die Mindestlohngesetze ist es den Gewerkschaften nicht gestattet, ihre eigenen Untersuchungen durchzuführen, um besser für eine Lohnerhöhung eintreten zu können, es sei denn, das Arbeitsministerium billigt die Ergebnisse der Untersuchungen. Andernfalls wird die Gewerkschaft strafrechtlich belangt, selbst wenn sie nur ihre Untersuchungen über die Höhe des Mindestlohns veröffentlicht, die nach Ansicht der Gewerkschaften erforderlich ist, damit die Arbeitnehmer in Würde leben können. Das Streikrecht wurde unter starke Kontrolle genommen und eingeschränkt, wobei die Gewerkschaft viele Auflagen erfüllen muss und die Gerichtsverfahren oft längere Zeit in Anspruch nehmen.  Doch selbst wenn die Gewerkschaft alle Anforderungen für einen Streik erfüllt, sehen sich die Gewerkschaften, insbesondere die Gewerkschaftsführer, immer

Gewerkschafter in Aserbaidschan zu drei Jahren Gefängnis verurteilt

Aykhan Israfilov, Mitglied des Vorstands des Bundes unabhängiger Gewerkschaften in Aserbaidschan, wurde am 23. August 2023 festgenommen und wegen Besitzes und Vertrieb von Drogen zu drei Jahren Haft verurteilt. Sein Verteidiger hatte vor Gericht Einsichtnahme in das angebliche Beweismaterial, darunter Aufzeichnungen von Überwachungskameras und Protokolle von Zeugenaussagen, gefordert. Seinen Anträgen wurde nicht stattgegeben. In seinem Schlussplädoyer erklärte der Verteidiger daraufhin, dass die Ermittlungen im Fall von Israfilov unter Missachtung der Gesetze durchgeführt worden seien. Er forderte den Freispruch des Angeklagten. Die aserbaidschanische Hauptstadt Baku ist Tagungsort der diesjährigen UN-Klimakonferenz. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch weist darauf hin, dass die aserbaidschanischen Behörden im Vorfeld der Konferenz „Bürgerrechtsaktivist*innen, Journalist*innen und Menschenrechtsaktivist*innen aufgrund fingierter, politisch motivierter Anschuldigungen strafrechtlich verfolgt und inhaftiert“ haben.“ Das Urteil gegen Israfilow ist offensichtlich in diesem Zusammenhang zu sehen. Weitere Informationen: https://www.hrw.org/de/news/2024/10/08/aserbaidschan-regierungskritikerinnen-im-visier-der-behoerden

Fatima Al-Rimawi, Gewerkschafterin in Jericho

Ein Brief von Jürgen Kerner vom 4. November 2024(Übersetzung aus dem Englischen) Weitere Infomationen: https://peopleoverprof.it/campaigns/psi-aft-and-ei-call-for-the-release-of-palestinian-activist-fatima-al-rimawi?id=15407&lang=en Bitte prüfen Sie den Fall von Fatima Nimer Al-Rimawi und erwägen Sie ihre Freilassung Sehr geehrter Herr Botschafter, die IG Metall setzt sich für Menschen-, Arbeits- und Gewerkschaftsrechte, für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Frieden sowie für einen fairen Umgang mit allen Menschen auf der Welt ein, unabhängig von ihrer Herkunft, Nationalität oder ethnischen Zugehörigkeit. Als größte freie Gewerkschaft unterstützen wir weltweit Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, die wegen ihrer gewerkschaftlichen Aktivitäten oder ihrer legitimen politischen Ansichten verfolgt oder inhaftiert werden, wie zum Beispiel Sharifeh Mohammadi im Iran. Von unserer deutschen Schwestergewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) wissen wir von der Inhaftierung von Frau Fatima Nimer Al-Rimawi, einer angesehenen palästinensischen Kindergärtnerin und Gewerkschaftsführerin aus Jericho. Die American Federation of Teachers (AFT), eine US-amerikanische Gewerkschaft, kennt Fatima Nimer Al-Rimawi persönlich aus ihrer langjährigen Zusammenarbeit mit der Palestine General Union of Workers in Kindergarten and Private Schools (GUWKPS). Der globale Gewerkschaftsverband Education International hat die Freilassung von Fatima Nimer Al-Rimawi gefordert. Wir unterstützen dieses Anliegen und möchten Sie auf ihren Fall aufmerksam machen. Wir fordern Sie daher auf, den Fall von Fatima Nimer Al-Rimawi zu überprüfen und ihre Freilassung zu erwägen. Wir wurden darüber informiert, dass Fatima Nimer Al-Rimawi im Januar wegen Veröffentlichungen in Blogs von Angehörigen der israelischen Armee verhaftet und aus ihrer Wohnung geholt wurde. Fatima Nimer Al-Rimawi wird im Militärgefängnis Damon festgehalten, ohne Gerichtsverfahren, ohne Zugang zu notwendiger medizinischer Versorgung und mit eingeschränktem Zugang zu ihrem Anwalt und ihrer Familie. Selbst in Konfliktzeiten sollten Zivilisten wie Fatima Nimer Al-Rimawi das Recht auf ein ordnungsgemäßes Verfahren, auf Besuche der Familienangehörigen und des Rechtsbeistands, auf Zugang zu den benötigten Medikamenten und auf eine sichere und humane Behandlung haben. Wir werden den Fall von Fatima Nimer Al-Rimawi weiter verfolgen. Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Mit freundlichen Grüßen Jürgen Kerner Zweiter Vorsitzender der IG Metall