Sieben Künstler – sieben tolle Ideen
Heute ist es endlich soweit: Unsere Ausstellung „URBAN ART MEETS METALLWORKERS´ UNION“ eröffnet um 12 Uhr im Kölner DGB-Haus, Hans-Böckler Platz 1 und präsentiert – täglich von 12 bis 20 Uhr – auf allen sieben Etagen des Treppenhauses den Wettbewerb, die KünstlerInnen, und ihre Ideen und Entwürfe für die Fassade unseres IG Metall Bildungszentrums in Sprockhövel.
* Heute um 17.30 h feiern wir die die „offizielle“ Vernissage/Eröffnung.
Erst lesen – dann kommen und schauen…
Wir wollen Euch hier schon vorab etwas neugierig auf die Entwürfe machen: Was haben sich die sieben Künstler für ihre Wettbewerbsbeiträge ausgedacht? Da alle KünstlerInnen zu ihrem Entwurf auch einen kurzen Text verfasst haben, stellen wir diese hier als Appetizer ins Netz – den Hauptgang in Form der sieben visuellen Entwürfe, diverser Details und einer Applikation auf der Fassade bekommt Ihr in der Ausstellung selbst ab heute serviert. Hier die sieben am Wettbewerb beteiligten Street-Artists in alphabetischer Reihenfolge:
Jim Avignon: Zeit! Diktatur der Uhr
„Ich habe versucht, mit kräftige Farben und betont dekorativen Elemente eine heitere, freundliche beinahe „Wizard-of-oz-mässige“ Grundstimmung zu erzeugen, die der Hauswand einen einladenden, fast magischen Charakter geben soll.“
Motive aus Politik, Gesellschaft und Popkultur mischen sich auf meinem Entwurf erzählend mit Themen aus der Welt der Märchen und Fabeln.
In der Bildmitte sieht man einen Typen spazieren, neben ihm läuft sein Schatten als Doppelgänger, der statt eines Kopfes eine Uhr auf dem Hals trägt – also versinnbildlichte Lebenszeit, die immer mitläuft. Er hält auf ein Haus zu, das beinahe wie ein Pfefferkuchenhaus in der Landschaft steht, dort scheint die Zeit keine so große Rolle zu spielen, die Sanduhr lehnt sich behaglich an die Hauswand und auf dem Dach hat es sich eine Wolke gemütlich gemacht. Trotzdem erinnern links ein Hahn auf einer Kuckucksuhr und rechts die Schornsteine, die stoisch ihre Dollarzeichen in die Luft pusten, daran, dass “draußen” das Leben wie gewohnt weitergeht. Dazwischen stehen festgewachsene Baumtypen, die mit Schaufel und Heugabel archaisch anmutenden Tätigkeiten nachgehen.
DEBUG VISUALS: ZEIT! DAS IST FREIHEIT
„In unseren Augen benötigt die Wandfläche eine offene und lose Gestaltung. Mit Blick auf die Architektur und Ort der Fläche haben wir uns entschieden, der Fläche etwas zuzufügen, aber nichts im Rechteckformat aufzudrücken. Durch die abgerundeten Ecken der Fläche und die Betrachtung der dahinterliegenden Gebäudeteile sollte sich eine Gestaltung in das Gesamtbild einfügen und sich nicht aufdrängen.“
Die grafischen Formen im linken Teil bewegen sich nach rechts im Sinne von Entwicklung, Weiterbildung und Fortschritt.
Durch die unterschiedlichen Farben, Formen, Überschneidungen und Größen werdendie Themen der Kommunikation und Zusammensetzung der Arbeitswelt verkörpert. Angekommen am roten Punkt vereinfacht sich die Arbeitswelt und wir sind gemeinsam gestärkt und ermutigt.
Egal welche Arbeit wir tun, wir müssen immer bedenken dass wir die Freiheit besitzen etwas zu ändern.
Der rechte Teil besteht deshalb aus dem zeichnerischen Vogel in Schwarzweiß, der stark in Kontrast zu den statischen, bunten Formen steht. Er verkörpert die Freiheit, die unser aller größtes Hab und Gut ist.
Als Gesamtbild fügt sich der Entwurf ideal in Architektur und Landschaft ein.
Es lässt Spielraum für Assoziationen mit der Arbeit des Bildungszentrums und drängt sich dem Betrachter nicht auf, sondern spielt eher mit seinen Gedanken und regt an.
Faith47: ZEIT! LEHREN, UM ZU LERNEN
„Das Werk zeigt ein zentralisiertes Bild, das stark auf Symbolismus setzt. Der Symbolismus hat den Vorteil, dass er sich auf viele verschiedene Arten interpretieren lässt, was einerseits eine facettenreichen Interpretation ermöglicht und zu anderen stets neu an Aktualität gewinnt, da der/die Betrachter/-in das Bild immer wieder aufs Neue ansehen kann, sodass im Laufe der Zeit die Bedeutung individuell wachsen und sich transformieren kann.“
Die wichtigsten Symbole sind:
- „docent discimus“, also „Lehren, um zu lernen“. Dahinter verbirgt sich der Gedanke, dass wir alle voneinander lernen, dass Lernen eine gemeinsame Anstrengung ist.
- Die Sanduhr erinnert uns daran, wie wertvoll die Zeit ist.
- Das Spinnrad symbolisiert den Kreislauf von Arbeit, Anstrengung und Mühe.
- Das Buch steht für Wissen.
- Die Laterne weist uns die Richtung, Be-/Erleuchtung durch Wissen und Weisheit.
- Drei Weizenstängel stehen für Natur, Wachstum und Nachhaltigkeit.
- Die Frau links zeigt auf etwas und weist den Betrachter auf seine Verantwortung hin. Die Frauen stehen erhöht, als ob sie den Weg für die Betrachter „erhellen“ wollten, damit sie eintreten und Teil des Ganzen in der Bildungsstätte werden.
MAYA HAYUK: ZEIT! ERFOLGE IM FORTSCHRITT
„Vorneweg: Es wäre mir eine Ehre und eine Freude, dieses Wandbild für die IG Metall in Sprockhövel zu realisieren. Ich würde das Bild im Geist der Menschenliebe, der positiver Fortschritte und Vorwärtsbewegung in der Zeit gestalten, damit diese Ideen an der Fassade des IG Metall Bildungszentrums weiterleben können.“
Identifikation mit der Umgebung:
Es ist ein Bild, das ein hohes Maß an Identifikation mit seiner Umgebung und mit der Gemeinschaft zeigt, und diese Gemeinschaft soll es begeistert aufnehmen, mit dem Gefühl, dass es uns allen gehört.
Geometrische Formen:
Die Skizze ist eine Zusammenstellung von abstrakten geometrischen Formen, die wiederum Elemente der Architektur des Hauses und Gestaltungselemente der IG Metall aufgreifen. Der daraus resultierende besondere Reiz entspringt dem tiefen historischen Anklangs an die Abstraktion und den Konstruktivismus und der modernen „Ausführung“ mit Latex und Sprühfarbe.
Positive Gefühle auslösen:
Die Farbwelt leitet sich vom Logo der IG Metall ab, gemischt mit anderen starken, schönen Farben, die an die Alchemie des Metalls selbst erinnern. Das Wandbild kann schon von weitem schnell, einfach und angenehm gelesen werden, aber wenn der/die Betrachter/-in sich ihm nähern, eröffnen sich komplizierte Muster und Bedeutungen. Kurz: Das Wandbild soll Menschen mit einem Gefühl der Positivität und des Miteinanders inspirieren. Bacon ipsum dolor sit amet doner meatball jowl short ribs, chicken prosciutto salami frankfurter. Pig drumstick turducken short ribs, brisket meatloaf ham hock shankle andouille corned beef strip steak. Venison ham bresaola strip steak. Pork belly ribeye prosciutto t-bone.
HENDRICK ÈCB´BEIKIRCH: ZEIT! INS GESICHT GESCHRIEBEN
„Lebensgeschichte spiegelt sich am besten in den Gesichtern derer, die sie erlebt haben.“
Gleichsam Zeichnung im doppelten Sinne – denn irgendwie ist dieses schauende Gesicht selbst gezeichnet – zerfurcht und auch ermüdet.
Ein Blick zurück in die Lebenszeit, die gelebten Jahre. Ihre Anzahl ist zweitrangig. Es gilt einzig, sie mit Leben zu füllen. Es sind nicht die Jahre, die im Leben zählen. Es ist das Leben in den Jahren.
RIPO: ZEIT! SCHICHTEN DER ERINNERUNG
„Die täglichen Nachrichten sind eine einflussreiche und stets präsente Kraft in unserer modernen Welt, die uns nicht nur einfach mit Informationen versorgen, sondern auch unsere Meinungen formen über das Land, in dem wir und die Leute mit denen wir leben“
Der Einfluss der Zeit:
Der Informationsfluss ist beständig, und Sprache darf provokant sein, damit sie Gefühle wie Trauer, Angst, Frustration, Skepsis, Hoffnung, Freude oder Gleichgültigkeit weckt. Mit der Zeit beginnen die Erinnerungen an die Geschichten zu bröckeln, die uns einst betroffen gemacht haben. Sie überlappen sich mit anderen oder löschen sich einfach gegenseitig, und wir bleiben zurück mit einer bunten aber zersplitterten Erinnerung an die Vorfälle und Worte, die früher einmal so wichtig für uns waren.
Die Darstellung der Zeit:
Ich studierte die Geschichte der IG Metall in den Nachrichten und Schlagzeilen, die die IG Metall im Laufe der Zeit produziert hat, einschließlich ihrer Siege, Sorgen, ihrer Einheit und Trennung. Ich wählte die Schlagzeilen von fünf dieser Nachrichten als Grundlage für dieses Wandbild. Mit Acrylfarbe und Sprühfarbe auf Leinwand malte ich jeden der Texte quer über die gesamte Fläche des Gemäldes. Zum Schluss deckte ich einen kleinen Teil des Bildes ab und entfernte den Rest, damit die nächste Nachricht/Geschichte ihre Spuren auf der zurückbleibenden weißen Leinwand hinterlassen kann.
Das Ergebnis der Zeit:
Was auf der Oberfläche am Ende übrig bleibt, ist das Ergebnis einer verstrichenen Zeit. Die Zeit verging in der Geschichte der Gewerkschaft und brachte diese Nachrichten/Geschichten hervor und die Gewerkschaft an die Stelle, an der sie sich heute befindet. Genauso verging die Zeit auch im Atelier, um die Schichten der Buchstaben und Wörter zu erzeugen, die zu einer abstrakten und gebrochenen visuellen Interpretation der Geschichte/n führen.
ZEDZ: ZEIT! EINE FORMEL ZUR VERBINDUNG VON VERGANGENHEIT UND ZUKUNFT
„Der Rohstoff Metall hat mein Interesse geweckt – als Verbindung zu Konstruktion und Physik, fundamentaler Bestandteil und vielleicht sogar Rückgrat unserer modernen Gesellschaft und im Kern auch für das Bestehen der Metall-Gewerkschaft.“
Die materielle Welt:
Mir ist bewusst, dass die Materialfrage für IG Metall nicht im Vordergrund steht. Aber gleichzeitig weist das Metall den Weg zu einer materielleren Welt, in der einerseits hart gearbeitet wird, andererseits aber auch Technik und Metadaten eine gleich große Rolle in der alltäglichen Produktion spielen. Meine Arbeit kann auf dieselbe Weise betrachtet werden, ausgehend von Graffiti und Typografie, von einem Handwerk, in dem die Gestaltung narrativ und bildlich ist. Meine Arbeit befindet sich andererseits auf einer abstrakteren Ebene, die die Einbindung von abstrakten Werten untersucht, Symbiosen eingeht und Berechnungen durchführt. Bildlichkeit und Erzählstil sind nicht länger wichtig. Es geht vielmehr um Aufbau, Chemie, Schichtung, Rhythmus, Harmonie und eine vielseitige Herangehensweise an Themen. Es geht nicht um das Bemalen einer Wand, sondern um eine Integration und Fusion mit der Architektur.
Meine Arbeit besteht aus zehn Kreisen.
Eine Abstraktion, die eine Beziehung mit der Architektur des Gebäudes eingeht. Alle Kreise haben dieselben Abmessungen. Sauber und ordentlich mit Abstand zueinander bilden sie eine starke Struktur mit statischer Harmonie, der einfach zu folgen ist. So entsteht eine einzigartige Wirkung, die im Gedächtnis bleibt. Im Inneren meiner Arbeit gibt es ein Element, das sich auf Chemie/chemische Formeln bezieht. Es verweist auf Bildung und stellt gleichzeitig eine Summe bzw. Zusammenfassung dar. Es soll sich nicht sofort erschließen, sondern immer wieder verstören und zum Denken anregen, um so Raum für Zweifel und Neuinterpretationen zu schaffen: Bildung ist omnipräsent, wir lernen ständig, und auf diese Weise unterstreichen die Raster die Bedeutung von Bildung und vielleicht auch die Freude und Vielseitigkeit des ‚Bildungsaspekts‘.
Die Formsprache meiner Arbeit ist eine (bildhafte) Sprache,
die zu Beginn unserer modernen Zeit entwickelt wurde, und sich in bestimmter Weise auf die Zeit des Fortschritts und das digitale Zeitalter bezieht, in welchem wir uns jetzt befinden. Die visuelle Sprache ist meine Sprache für Aussagen über unsere aktuelle Zeit, und auch teilweise über Vergangenheit und Zukunft.
(von der Redaktion gekürzte Fassung)
Doch ein Bild sagt mehr als Wort. Also, kommt vorbei und beteiligt Euch am Publikums-Voting des Wettbewerbs. Mehr zu den KünstlerInnen selbst erfahrt Ihr >hier. Und hier alle Termine des Rahmenprogramms der Ausstellungswoche.
Red.