Chanson-Geschichten-Spektakel „Tage der Kommune“ vom 18. März bis 28. Mai 2021

Autor: Otto König

Am 18. März 2021 startet im Internet ein spannendes und informatives Chanson-Geschichten-Spektakel. Der Bremer Liedermacher Michael Zachcial von der Gruppe „Die Grenzgänger“ präsentiert gemeinsam mit Kolleg*innen aus Musik, Theater und Wissenschaft sowie dem IG Metall-Bildungszentrum Sprockhövel die „72 Tage der Kommune“.  Vom 18. März bis 28.Mai wird es auf  www.tage-der-kommune.de täglich ein Video geben, mit einem Lied, einem Portrait oder einer Geschichte zu den Ereignissen der „Pariser Commune“ im Frühjahr 1871 – vor 150 Jahren.

„Im Jahr des 50-jährigen Jubiläums des IG Metall Bildungszentrum Sprockhövel ist dies für uns ein wichtiges Geschichts- und Kulturprojekt“, so der Betriebsratsvorsitzende Thomas Birg, der die Idee, zusammen mit Michael Zachcial, zu diesem Projekt hatte, das er mit viel Herzblut vorantreibt. Angesichts des Erstarkens antidemokratischer und rechtsradikaler Kräfte in Deutschland und der aktuellen Debatten um demokratische Grundwerte, ist es für Gewerkschafter*innen wichtig, an diesen Meilenstein auf dem Weg in demokratisch verfasste Gesellschaften zu erinnern.

Die Entstehung der „Pariser Commune“

Ein kurzer Rückblick: Im Winter 1870/71 lag Frankreich am Boden, der Krieg gegen die Allianz um den preußischen König um die Vorherrschaft auf dem europäischen Kontinent war verloren. Paris wurde von der preußisch-deutschen Armee belagert. Die bürgerliche französische Regierung Thiers war nach Versailles geflohen und machte mit den Besatzern gemeinsame Sache. Bluten mussten die Arbeiter*innen und ihre Familien. Typhus, Hunger und Kälte trieben die Pariser Bevölkerung an den Rand der Verzweiflung. 40.000 Menschen fanden während der Belagerung den Tod. Dies war der Nährboden für den Aufstand, der sich schon seit Monaten abzeichnete. Der Protest der Arbeiterschaft und der verarmten Handwerker wuchs zu einer revolutionären Bewegung an.

In der 2-Millionen-Metropole Paris, mit Weltausstellung und prunkvollen Opernhäusern, wählte die hungernde Pariser Bevölkerung mitten im Krieg einen „Rat der Kommunarden“ und begann mit dem Aufbau einer antikapitalistischen, solidarischen und basisdemokratischen Gesellschaft. Die „Pariser Commune“ wird zum Fanal einer neuen Epoche oder wie es Karl Marx formulierte: „Das Paris der Arbeiter, mit seiner Kommune, wird ewig gefeiert werden als der ruhmvolle Vorbote einer neuen Gesellschaft“.

Am Morgen des 18. März 1871 versuchte die Thiers-Regierung, die Kanonen der Nationalgarde zu stehlen, um die Arbeiterklasse zu entwaffnen. Doch dies scheiterte am heftigen Widerstand der Frauen der Kommune. Teile der eingesetzten bürgerlichen Truppen weigerten sich auf die Frauen zu schießen und liefen zu den Revolutionären über. Am gleichen Tag übernahm das Zentralkomitee der Nationalgarde die Macht in Paris und organisierte Wahlen zur Commune, bei der die revolutionären Kräfte eine große Mehrheit hinter sich bringen konnten.

Der „Pöbel von Paris“, wie Reaktionäre die Freiheitskämpfer nannten, erdreistete sich, sein Schicksal in die eigene Hand zu nehmen und den Traum von einem menschenwürdigen Leben wahrzumachen. Es war der erste Versuch einer friedlichen sozialistischen Revolution, einer direkten Demokratie. In seinem Manifest vom 18. März schrieb das Zentralkomitee: „Die Proletarier von Paris …. haben begriffen, dass die Stunde geschlagen hat, wo sie die Lage retten müssen, dadurch, dass sie die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten in ihre eignen Hände nehmen … Sie haben begriffen, dass es ihre höchste Pflicht und ihr absolutes Recht ist, sich zu Herren ihrer eignen Geschicke zu machen und die Regierungsgewalt zu ergreifen.“

In Erwägung, dass wir der Regierung / Was sie immer auch verspricht, nicht traun /Haben wir beschlossen, unter eigner Führung / Uns nunmehr ein gutes Leben aufzubaun./ In Erwägung: ihr hört auf Kanonen – Andre Sprache könnt ihr nicht verstehn – Müssen wir dann eben, ja, das wird sich lohnen / Die Kanonen auf euch drehn!.

So beschrieb der Dichter Bertold Brecht in der „Resolution der Kommunarden“ das Handeln der Arbeiterschaft.

Die Kommunard*innen nahmen die Staatsmacht in ihre eigenen Hände. Sie bezogen die Bürger*innen in die zu lösenden Aufgaben ein. Die Commune ergriff umgehend soziale Maßnahmen. Zu den wichtigsten Initiativen gehörten Verordnungen über die Beschlagnahmung leerstehender Wohnungen, die Senkung und Stundung der Mieten, die Festlegung von Höchstgehältern für Angestellte der Commune, die Aufhebung von Geldstrafen und Lohnabzügen am Arbeitsplatz, die Abschaffung des Arbeitsbuches, das Verbot der Nachtarbeit für Bäcker oder die Verbriefung des Rechts auf Arbeit; Übernahme aller geschlossenen Werkstätten und Fabriken durch Arbeitergenossenschaften. Themen, um die auch heute noch zivilgesellschaftliche Kräfte und Gewerkschaften in aller Welt heftig ringen. Der kurze, hoffnungsvolle Frühling der Pariser Kommune wurde brachial von den vereinten preußisch-deutschen und kaiserlich-französischen Heeren im Blut erstickt. Am 28. Mai 1871 wurde die letzte Barrikade der Revolutionär*innen gestürmt. Die letzten Verteidiger der Commune wurden an der Mauer der Konföderierten erschossen. Es folgte ein Massaker der „Sieger“: Etwa 30.000 Kommunard*innen wurden erschossen und erschlagen sowie tausende in die Verbannung verschleppt.

 

„Lieder der Commune“ 

Die Ideen der Pariser „Commune“ gingen ebenso wie ihre Lieder um die Welt. Viele Künstler*innen beteiligten sich vor 150 Jahren aktiv am Aufstand, so die Chanson-Dichter Eugène Pottier, Jean-Baptiste Clément und die anarchistische Aktivistin und Poetin Louise Michel.

Im Rahmen des Chanson-Geschichten-Spektakel „Tage der Commune“ vom 18. März bis 28. Mai erklingen viele ihrer Lieder erstmals in deutscher Übersetzung.  Die Ideen der „Commune“ werden vorgestellt, handelnde Personen portraitiert und Ereignisse nachempfunden. Im Mai erscheint das Doppel-Album (auch als Download möglich) „Die Lieder der Commune“, zum Vorbestellpreis für IG Metall Mitglieder von 10,- Euro (regulär 16,90 Euro), das bei jacqueline.crone@igmetall.de vorbestellt werden kann. 

Gleichzeitig bekommen Kulturschaffende und Künstler*innen mit diesem Projekt in der aktuellen Corona-Lage eine virtuelle Bühne und können so Einkommen generieren.