Für die Azubis bleibt die Küche nicht kalt

(zuerst erschienen in der WAZ, Regionalteil Sprockhövel) Seit fünf Monaten ruht auch das Restaurant im IG Metall Bildungszentrum in Sprockhövel. Dort wurde ein Konzept entwickelt, um die Lehrlinge weiter auszubilden. 1:1-Trainings und exotischere Lebensmittel stehen auf dem Plan.

Während der Pandemie gibt es auch immer wieder gute Nachrichten, aktuell kommen sie vom IG Metall Bildungszentrum. Seit der Schließung Mitte Dezember im Zuge der Corona-Schutzbestimmungen werden ausschließlich Online-Seminare abgehalten, auch das Restaurant des Hauses ist geschlossen.

Ein Problem für die Kochauszubildenden? Mitnichten: „Wir haben ein Konzept entwickelt, um unsere Azubis weiter auszubilden – trotz Schließung“, sagt Ausbilder Ralf Holzapfel. In der Küche des Bildungszentrums erlernen die Azubis normalerweise die Zubereitung größerer Mengen Speisen, um die vielen IG Metall-Mitglieder während ihrer Fortbildungen vor Ort zu verköstigen. „Seit der Schließung wer-den nur noch wenige Mitarbeiter im Bistro von uns versorgt, und zwar mit A-la-Carte-Menüs.“

Die durch das weggefallene Tagesgeschäft mit bis zu 150 Gästen gewonnene Zeit werde intensiv genutzt. „Die Azubis bleiben nun länger in einzelnen Ausbildungsabschnitten, es gab 1:1-Trainings und sie haben exotischere Lebensmittel kennengelernt als sonst“, gibt Holzapfel an. „Das war jetzt eine richtige Power-Ausbildung – wir sind froh, dass wir das so anbieten konnten.“ Tatsächlich ist es eine Lösung, von der zur Zeit viele andere Köche in Ausbildung in der Region nur träumen können, meint Jonathan König, der im ersten Lehrjahr ist: „Der Großteil der Kollegen, die woanders ausgebildet werden, sitzt wegen der Gastronomie-Schließungen seit Monaten zu Hause.“

Mit Folgen: „Alles was während dieser Zeit verpasst wird, muss später nachgeholt werden, womit sich die Ausbildungszeit verlängert“, erklärt Holzapfel, „viele Gastronomen haben während der Schließung ihrer Lokale nicht die Möglichkeit, ihre Azubis adäquat auszubilden.“ Von einem besonders prekären Fall erzählt Azubi Jan Hulverscheidt, der im dritten Lehrjahr ist: „Ich kenne einen Auszubildenden, der aktuell täglich bis zu fünf Stunden von seinem Chef zum Holzhacken geschickt wird.“

Service am Tisch erlernt

Konstantinos Kiosses, Lehrling im zweiten Lehrjahr, hat hingegen erst kürzlich ein zweiwöchiges 1:1-Training mit Holzapfel absolvieren dürfen und fühlt sich daher privilegiert: „Dadurch war ich für meine Zwischenprüfung sehr gut vorbereitet.“

Neben der Konzeptionierung und dem Kochen der eigenen Menü-Kreationen hätten die Azubis den Service am Tisch erlernt, auch das korrekte Tisch ein- und abdecken und das ansehnliche Anrichten der Speisen seien wichtige und nun intensivere Lektionen gewesen, als sonst in der Ausbildung, zählt Holzapfel auf. König: „Insbesondere das Dekorieren hat mir großen Spaß gemacht, da hab’ ich richtig viel gelernt.“

Ein großes Highlight sei der motivie-rende Einsatz von Ausbilder Holzapfel gewesen, sagt Hulverscheidt. So habe der für seine Azubis auch mal einen ganzen Seeteufel besorgt – „ein teurer Fisch, der in der Ausbildung sonst eher selten vorkommt, wenn überhaupt“, so der 25-Jährige. Auch ein ganzes Rind zum Zerlegen sei bereits für die Auszubildenden herangeschafft worden.„Durch die nun umfangreichere Ausbildung fühlen wir uns für den freien Arbeitsmarkt noch besser gewappnet“, sagt Azubi König.

Die Azubis könnten aber trotz Pandemie weiterhin nach ihrer Abschlussprüfung ein Jahr im Zentrum als Geselle bleiben, betont Holzapfel. Ein Angebot, das viel Sicherheit gibt: „Viele Köche, die während der Pandemie ihren Abschluss gemacht haben, suchen nämlich monatelang nach einer Anstellung“, so Hulverscheidt.

Wiedereröffnung am 17. Mai geplant

Am kommenden Mittwoch legt das Land fest, ob die Inzidenz es zulässt, dass das Bildungszentrum und die Gastronomie wieder eröffnet werden können. „Wir würden gerne am 17. Mai wieder starten, dann aber voraussichtlich nur mit 50 Gästen, trotz striktem Hygienekonzept und professioneller Abzugsanlage“, so Holzapfel. Sicherheit gehe eben vor. „Wir hoffen sehr, dass es mit der Öffnung klappt – als Vollblut-Gastronomen vermissen wir unsere Gäste sehr“, betont Ralf Holzapfel.

(readaktion.sprockhoevel@waz.de)

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