Man sieht nur mit dem Herzen gut!

Wer ein- oder auswandert, schaut unweigerlich aus wechselnden Perspektiven auf die Welt. Vertrautes wird fremd, Fremdes wird vertraut. Nicht nur Orte verändern sich, sondern auch die Menschen an den Orten. Das Gleiche gilt – auf andere Weise – für diejenigen, die den „Neuen“ begegnen. Diesen Prozessen fotografisch auf die Spur kommen – und dabei den Blick schärfen und das eigene fotografisches Know-How verbessern – wollte der Foto-Workshop in der Sommerschule.

Unter der sachkundigen und engagierten Anleitung von Michael Jänecke, Fotograf aus Berlin und Mohamad Osman, Fotograf aus Wetzlar wollte man lernen,

* die eigene Spiegelreflexkamera technisch besser und vielseitiger zu handeln.
* dem eigenen Blick zu vertrauen anstatt nur der Bildautomatik der Kamera
* mit unterschiedlichen Lichtverhältnissen und Situationen umzugehen
* den besonderen Moment einzufangen und spielerischer mit der Kamera umzugehen sowie
* das Material zu bearbeiten, zu ordnen und zu archivieren

Gemeinsam traten Mohamad und Michael als ein Tandem an, um die Teilnehmenden dafür zu gewinnen.

Das Ziel: Bilder, die Geschichten erzählen und einen eigenen Stil haben
Gut ausgerüstet – und an extra eingerichteten individuellen PC-Arbeitsplätzen – widmete man sich gemeinsam der Aufgabe. Natürlich nicht ohne inhaltlich über das gesetzte Thema der Sommerschule ins Gespräch zu kommen. Viel dazu trug die offenherzige und selbstbewusste Art bei, mit der Mohamad Osman über seine Arbeit als Profi-Fotograf in Syrien, die persönliche Fluchterfahrung und seine Ankunft hier in Deutschland berichtete. Mohamad Osman, der selbst aus Aleppo stammt, zeigte dazu einleitend seine Fotos und Filme (u.a. aus seinen Ausstellungen z.B. „Weggehen – Ankommen „oder „Flüchtlinge in Bensheim„). Der Fotoworkshop hatte zu dieser Präsentation dankenswerter Weise auch die AG „Einwanderung, Flucht, Asyl“ eingeladen. Ein wohl für uns alle unvergessener Vormittag. Mohamads Arbeitsmotto:

„Mach sichtbar, was vielleicht ohne dich nie wahrgenommen worden wäre.“
Gemäß dieses Mottos setzt er seine Arbeit nun auch in Deutschland fort. Seine Bilder sprechen dabei für sich. Und in Bildern sprechend ließ uns Mohamad Osman auch an seiner ganz persönlichen Fluchtgeschichte teilhaben, die er selbst über die Türkei und Griechenland bis Frankfurt/Flughafen und Wetzlar/Gießen antreten musste. Einmal mehr bewies sich, wie sehr es sich lohnt nicht ständig nur ‚über‘ sondern besser ‚mit‘ Geflüchten zu sprechen. Nicht (nur) zu theoretisieren, zu ideologisieren oder gar zu polemisieren, sondern endlich auch mal zuzuhören, sich Zeit füreinander zu nehmen und – von Mensch zu Mensch – wirklich zu begegnen. Ein klein wenig mit- und nachempfinden durften wir, dank Mohamads Bildern und Erzählungen, was Krieg, Flucht und Ankommen in Deutschland wirklich bedeuten. Und erahnen ließ er uns mit welch sinnlosen Hürden, schlimmen Barrieren und Vorurteilen, die Geflüchtete hier zu kämpfen haben.

Lerne: Man sieht nur, was man weiß – und fühlt
Wie bereichernd dagegen das Wissen, das Können, die Sichtwweisen und Potenziale der hier ankommenden Menschen sind, das durften wir in den Tagen der Zusammenarbeit gemeinsam erleben. Und – was die Vorrausetzung sind: Offenheit und Neugier, Wahrnehmung und Wertschätzung, gleiche Rechte und Zugangsmöglichkeiten, d.h. sehr viel mehr „Augenhöhe“ und eben ein gutes Auge für das Wesentliche. Darin übten wir uns in fünf Tagen Sommerschule als Menschen und Hobbyfotografen. Nochmals ein Danke an das Tandem des Foto-Workshops für diese Erfahrung, das vermittelte Know-How und eine gute gemeinsame Zeit.

HIER DIE PRÄSENTIERTEN LIEBLINGSMOTIVE ALLER TEILNEHMENDEN DER FOTO-AG