Was tun, wenn es von allen Seiten brennt?

„Zur Nachahmung empfohlen“ lautet eines der vielen positiven Medienechos zur Kampagne „arbeiten, pflegen, leben“ des „Netzwerks W(iedereinstieg)“ im Ennepe-Ruhr-Kreis. Zum „offiziellen Ende“ der Kampagne lud das Netzwerk, koordiniert durch die örtliche Demographiebeauftragten Christa Beermann, gestern alle Partner zum Resümee ein.

Gut, wenn man Freunde hat. Und/oder das Netzwerk
Die Idee: Unternehmen wollen ihren MitabeiterInnen beratend und unterstützend zur Seite stehen. Über gezielte regionale Beratungsinfos, gute Öffentlichkeitsarbeit und den Austausch fest benannter betriebliche Ansprechpartner/-innen unterstützt das Netzwerk die beteiligten Unternehmen dabei, sich auf den Ernstfall (der kein Einzelfall ist) vorzubereiten und entsprechend kompetent zu sein. Das gemeinsame Zwischenfazit nach zwei Jahren Kampagne: Es lohnt! Nicht nur mit Blick auf demographischen Wandel und die zunehmende Individualisierung von Gesellschaft. Sondern insbesondere im Interesse jedes persönlich Betroffenen unter den eigenen Kolleginnen und Kollegen.

Besondere Situationen – erfordern auch spezielle Lösungen
Einigkeit bestand bei den Teilnehmenden vor allem in einer Frage: Das Thema „Pflege & Vereinbarkeit“ darf nicht länger ein Tabu im beruflichen Umfeld sein: „Viele stehen alleine da, wählen den Rückzug, verschweigen oder überspielen ihre Situation. Dabei ist es eine ungeheuere, emotionale und organisatorische Herausforderung, gute Arbeit im Job abzuliefern und Zuhause pflegebedürftige Eltern oder schwer kranke Kinder zu versorgen – übrigens für Frauen und Männer“. Wie sich in vielen Statements herausstellte, half die Kampagne dabei, dass Betroffene überhaupt den Mut aufbringen, offen mit ihrer Situation umzugehen und Unterstützung zu suchen. Dazu Fritz Janitz: „Die offene Tür im Personal- oder Chefbüro ist gut. Klare Betriebsvereinbarungen und gesetzliche Regeln sind besser! Aber beides allein reicht nicht. Wichtig ist es, sensibel und offen mit diesen Themen umzugehen. Um das dazu nötige Vertrauen zu bereiten, gilt es zielgerichtet eine entsprechende Unternehmenskultur aufzubauen und diese auch glaubwürdig zu leben“. Ähnlich sieht dies auch ein beteiligter Unternehmer aus dem produzierenden Gewerbe: „Wir haben die Kampagne genutzt, um das Ganze in unserem streng markt- und kundenorientierten Betriebsalltag überhaupt zum Thema zu machen. Die Erfahrung ist positiv! Neue entsprechende Angebote und Reglements werden keinesfalls missbaucht. Im Gegenteil: der kollegiale Umgang miteinander stärkt ein offenes, gutes Betriebsklima“.

Eine erfolgreiche Idee – sucht neue Mitstreiter und Fortführung
Mit der gemeinsamen Veranstaltung wurde hinter die Kampagne kein (Schluss-)Punkt gesetzt. Im Gegenteil: Die Netzwerker wollen weitermachen und laden andere Unternehmen ein, sich zu beteiligen. Das lesenswerte Portal der Initiative wird auch künftig mit aktuellen Infos und Beispielen gepflegt. Denn: Beratungs- und Hilfsleistungen vor Ort gilt es transparent und zugänglicher zu machen, Best-Practice will bekannt gemacht werden und viele „Lücken im System“ gilt es noch gemeinsam anzugehen und zu schließen Gerade den Gesetzgeber, die Medizinischen Dienste sowie die Krankenkassen will man dabei stärker ins Boot und die Verantwortung holen.

Fazit: Es gibt nichts Gutes, außer Mensch tut es! Persönliche Betroffenheit und die Kampagne waren für viele der beteiligten „Pionier-Unternehmen“ ein nötiger und wichtiger Impuls von außen. Das nun bestehende Netzwerk wird dafür sorgen, daß das Thema „Pflege & Vereinbarkeit“ auf der Agenda fortschrittlicher Dienstleister und Produktionsbetriebe bleibt – und das nicht nur im Ennepe-Ruhr-Kreis. Das ebenfalls am Netzwerk beteiligte Kompetenzzentrum „Frau und Beruf“ will die Erfahrungen auf Hagen und den Märkischen-Kreis übertragen. Unser Bildungszentrum Sprockhövel wird die eigenen Erfahrungen sowie den am Ende der Veranstaltung, stellvertretend für das Haus an Petra Böhm übergebenen „Infokoffer Pflege & Beruf“, auch für die IG Metall Bildungsarbeit zu nutzen wissen.

M.G.